Auf dieser Seite befinden sich Auszüge aus dem berühmten Buch von Knebel " Phyllokakteen " Ich denke, dass das im Sinne von dem Meister ist, dass seine Erfahrung einer breiten Schicht von Liebhabern dieser Pflanzen zugänglich gemacht wird. Vieles ist natürlich nicht mehr Zeitgemäss, aber sicher hier an dieser Stelle für viele, von historischen Intresse. Nachdem mal alle Umlaute vom Server duch ein Zeichen ersetzt wurden, konnte man das hier nicht mehr gut lesen. Am 15.11.2010 habe ich das korregiert.

 

 

 Aus dem Leben des Züchters CURT KNEBEL

Am 16.6.1871 wurde Curt Knebel als Sohn des Bahnmeisters Oswald Knebel und dessen Ehefrau Emilie in Erlau geboren.

 

Am 12.4.1885 begann er seine gärtnerische Laufbahn bei der Gärtnerei Albert in Hainichen. Weitere Stationen seiner Ausbildung waren die Kunst- und Handelsgärtnerei Schmidt in Rochlitz, 1888 die Widemannsche Gartenverwaltung in Bernsdorf bei Chemnitz, 1889 die Handelsgärtnerei Haage & Schmidt in Erfurt. 1890/1891 die Handelsgärtnerei Otto Mann in Leipzig-Eutritzsch und ab April 1891 die Handels- und Landschaftsgärtnerei C. W. Schwarz in Einsiedel bei Chemnitz. Vom Mai 1892 bis Februar 1894 war Gurt Knebel Schüler und Mitarbeiter bei Hofrat Bouche im Königlichen .Großen Garten zu Dresden.

1894 kehrte er nach Erlau zurück und gründete dort eine eigene Gärtnerei. Die Eheschließung mit Frau Selma erfolgte 1904. Im selben Jahr verkaufte er die erste gegründete Gärtnerei und begann auf einer Ödlandfläche am Dorfrand mit dem mühevollen Aufbau der späteren Heimstatt der Phyllokakteenzucht.Die Kinder der Eheleute Durt und Selma Knebel wurden geboren: Paula 1903. Gertrud 1905. Martha 1907 und Sohn und Nachfolger Oswald 1908. Die Phyllokakteenzucht begann mit dem Erwerb einer Anzahl der"Nicolaischen Prachthybriden" und einer Auslese schönster Bornemannscher Sorten. Erwähnt wurden weiterhin Sorten anderer deutscher Züchter wie Landschaftsmaler Serner. Frau Anna Rettig. Frieda Weingart und Rothers' Sämling. Später sollen die besten Sorten der französischen Züchter Charles Simon und Lorenzo Courant hinzugekommen sein. Mit den Knebelschen Hybriden wurde die Verbindung zu den Bemühungen aller früheren Züchter geschaffen. Gurt Knebel formulierte neue Zuchtziele wie reingelbe Blüten, gefüllt Blühende und extrem frühblühende Sorten. Ihm gebührt die Anerkennung, in diesen Richtungen die ersten Erfolge erzielt zu haben. Stellvertretend für mehr als 200 schöne Sorten sollen genannt werden: "Deutschland" als gelbblütige Sorte. "Flore plenon und "Heureka" für die gefülltblühenden Sorten und die Zuchtlinie bis zur Generation F2 der Phyllocereus-cinnabarinus-Hybriden, die sehr jungblühenden Sorten darstellend. Mehr als die Hälfte seiner Züchtungen benamte er vor Ausbruch des II. Weltkrieges. Der Krieg brachte durch die Anbaupflicht für Gemüse starke Einschränkungen der Zuchtarbeit mit sich. Gurt Knebel mußte schließlich miterleben. wie durch Frosteinwirkung im Winter 1945/1946 das gesamte züchterische Pflanzenmaterial vernichtet wurde. 1951 erschien sein Buch "Phyllokakteen" als Krönung seines Lebenswerkes das in Form von Pflanzen in Erlau bereits nicht mehr vorhanden war. Der Züchter hat darunter sehr stark gelitten und sprach wohl im Eindruck dieses Schmerzes von einer "untergegangenen Kultur".

 

 Er gab aber den Mut zum Leben und die Liebe zu den Kakteen bis zu seinem Ableben am 10. September 1954 nicht auf.

 

MEINE ERFAHRUNGEN

BEI ANZUCHT UND PFLEGE DER PHYLLOS

1. ALLGEMEINES

 Der jahrzehntelange Umgang mit Phyllokakteen ist eine große Summe von Erfahrungen zusammenkommen, von denen diejenigen, die allgemeine Gültigkeit beanspruchen können, in den folgenden Abschnitten festgehalten werden sollen. Wenn nun aber die Frage aufgeworfen wird, ob es wohl eine Universalregel für die Phyllobehandlung gibt, so möge sie bejaht und mit den Worten formuliert werden:

"Vermeide alle Extreme."

 Man soll nicht glauben, dass ihre Anpassungsfähigkeit grenzenlos ist und dass sie ohne jede Pflege zu kultivieren sind, man soll aber auch nicht ins Gegenteil verfallen und glauben, den Urwald ihrer Heimat hervorzaubern zu müssen. Einer gleichmässigen, steten und sinnvollen Pflege danken sie mit Gesundheit und Blüten. Einer lieblosen Behandlung vermögen sie dank ihrer Übergrossen Lebensfähigkeit zwar jahrelang durch zähes Ausdauern zu begegnen, ihre erbärmlichen Gestalten kennzeichnen dann aber auch ihren Quäler.

 

 

DIE ANZUCHT UND VERMEHRUNG DER PHYLLOKAKTEEN
 
1. Saat

Die Anzucht der Phyllokakteen aus Samen ist die langsamste Art der Vermehrung. Man erhält zwar aus einer Frucht viele Sämlinge, aber bis sie alle zur Blüte gebracht sind, vergehen durchschnittlich 6 bis 8 Jahre. Bei sehr guter Kultur kommen wohl vereinzelte Sämlinge bereits im 4., ja auch einmal schon im 3. Jahre zur Blüte, aber es bleibt eine Ausnahme. Der Züchter muss diesen Weg gehen, auch, für den Liebhaber hat es. ohne Frage einen grossen Reiz, die Entwicklung der Pflanze vom Samenkorn an bis zur ersten Blüte zu verfolgen. Und er darf auch damit rechnen, auf diese Weise eine schön blühende Hybride zu erhalten, wenn ,er Samen guter Herkunft verwendet, der aus der Kreuzung ausgewählt bester Hybriden gewonnen ist, ja, es ist sogar nicht ausgeschlossen, dass er das Glück hat, eine völlig neue Farbenvarietät zu erzielen, nur darf er damit nicht als sicher rechnen. Ebenso wenig darf er erwarten, aus Samen nun genau die gleichen Pflanzen wieder zu erhalten, wie es die Eltern sind. Das ist unmöglich, weil ja alle unsere Hybriden Kreuzungsprodukte sind und nicht auf Samenbeständigkeit durchgezüchtet worden sind, aus dem einfachen Grunde, weil es äusserst langwierig wäre und keinerlei praktisches Intresse daran vorliegt, Vor einigen Jahren wurde von einer Firma Samen von Phyllokakteen unter bestimmten Sortennamen und nach bestimmten Farben angeboten. Es geschah sicherlich aus Unkenntnis. Abgesehen von den Stammarten, die sich selbstverständlich treu aus Samen vererben müssen, ergeben von den Hybriden nur die unter dem Namen "Deutsche Kaiserin" gehenden Abkömmlinge von Phphyllanthoides eine einigermassen konstante Nachkommenschaft, wenn auch die Blütenfarbe nicht einheitlich rosa ist, sondern bald heller, bald dunkler. Da aber leider auch die Sämlinge zu Fleckenkrankheit der Triebe neigen, so lohnt es nicht, die Art aus Samen zu ziehen. Im allgemeinen jedoch, und das wieder macht die Anzucht aus Samen auch für den Liebhaber dankbar, zeichnen sich Sämlinge fast immer durch Gesundheit und Widerstandsfähigkeit aus, wie das ja auch sonst in der Pflanzenwelt der Fall ist im Vergleich zu Stecklingspflanzen. Die Früchte der Phyllokakteen sind grosse Beeren hühnerei- bis Gänseei gross, je nach der Art grün, rötlich, dunkelrot oder karminrot, und besitzen einen eigenartigen hocharomatischen Duft und Geschmack.. Sie sind essbar, und es lässt sich aus ihnen, wie nebenbei bemerkt sei, auch ein guter Likör, sowie Wein, auch Marmelade wie aus anderen Beeren , bereiten. Die Samen sind in ein saftreiches Fruchtfleisch eingebettet. Wird dieses Fruchtfleisch nun im Wasser zerrieben, um die einzelnen Samen auszuwaschen, so wird man zu .seinem Leidwesen bemerken, dass dies nicht völlig gelingen will, da jeder einzelne Same für sich noch von einer gallertartigen Masse eingehüllt ist, die sich nicht in Wasser ablöst. Würde man die Samen nun so zu trocknen versuchen, so würden sie sich untereinander zusammenballen und an der Unterlage festtrocknen, Sodass eine Loslösung und Trennung der getrockneten Samen nur unter Beschädigung eines grossen Teiles der weichschaligen Samen geschehen könnte. Vermutlich hat, diese Gallerthülle denn auch in der Natur den Zweck, die an sich spiegelglatten Samen festkleben zu lassen, sei es bis zur Keimung an der Baumrinde, sei es zur Verbreitung an den Füssen und Federn von Vögeln, die vom Fruchtfleisch fressen. Samen, der zum Verkauf bestimmt ist, muss so lange immer wieder ausgewaschen werden, bis sich schliesslich doch auch die Gallerthülle löst. Bei eigenen Aussaaten verfahre ich anders. Die Fruchtmasse wird, nach Ablösung der Schale, auf ganz trockenem Sand zerdrückt und damit so lange durchgearbeitet, bis die Feuchtigkeit vom Sande aufgenommen und eine streufähige Mischung entstanden ist. Diese wird dann auf die vorher fertig gemachte Aussaatschale auf die Erde gebracht und angedrückt, Bei der weiteren Behandlung kommt alles darauf an, die Aussaat gleichmässig feucht zu halten und gegen direkte Sonne zuverlässig zu schützen. Hohe Keimungstemperaturen sind nicht erforderlich. Ich habe immer wieder feststellen müssen, dass auch bei dieser Behandlung, die ich als die zweckmässigste erprobte, die Samen durchaus unregelmässig keimen. Es kann für mich daher keinem Zweifel unterliegen, dass es ein durchaus natürlicher Vorgang ist, wenn die Keimung der Phyllokakteen nicht nahezu vollständig auf einmal, sondern auf längere Zeiträume verteilt, erfolgt. Als Beispiel dafür seien die Beobachtungen angeführt, die ich an einer Aussaat von 1928 machte, wo ich gleich nach der Ernte der Früchte eine sehr grosse Anzahl von Samen in vielen Schalen ausgesäht habe, und Zwar Anfang Dezember. Die Samen waren in der oben beschriebenen Weise, also ohne vorher zu trocknen, frischt ausgesäht worden. Dennoch keimten sie nicht sofort, sondern erst im darauf folgenden Frühjahr, aber nur teilweise. Damit ist erwiesen, dass die Eigenheit der teilweisen Keimung nicht etwa darauf zurückzuführen ist, dass die Samen vor der Aussaat getrocknet wurden. Entsprechend meinen Erfahrungen, liess ich die Schalen auch weiter unberührt stehen. Wie stets war das Wachstum der zeitigen Sämlinge verschieden. Einige entwickelten sich schnell, machten schon im ersten Sommer noch Seitentriebe, andere blieben zurück und waren auch im Herbst 1929 noch klein. Aus Platzmangel - es handelte sich schliesslich ja um Tausende von Sämlingen - mussten die Schalen nun mehrere Jahre ohne ein Verpflanzen der Sämlinge stehen bleiben. In dieser Zeit hatten sich dann einzelne Sämlinge soweit entwickelt, dass sie 6 bis 10 Triebe von einer Länge bis zu 30 cm und auch darüber gemacht hatten. Erst 1931, also 3 Jahre später, war es möglich, an das Auseinanderpflanzen zu gehen. Und da zeigte sich nun, dass unter diesen starken Pflanzen, vollständig im Schatten und ohne direktes Licht eine Unmasse Sämlinge eben erst neu aufgegangen waren. Sie hatten sich also 3 Jahre Zeit gelassen und waren nun im Schutze und Schatten der grösseren Geschwister fröhlich gekeimt, Eine Erfahrung, die jedenfalls auch deutlich lehrt, dass man es bei Phylloaussaaten nicht allzu eilig mit dem Pikieren der Sämlinge haben sollte, wenn es darauf ankommt, einen möglichst hohen Prozentsatz Sämlinge zu erhalten. Wenn nun auch schliesslich niemand ,sonst zugemutet werden kann, immer 3 Jahre auf das Auflaufen der Samen zu warten, so muss diese Eigenheit der Phyllokakteen doch bekannt sein, soll es nicht zu ganz ungerechtfertigten Bemängelungen der Keimfähigkeit des Samens kommen. Gar nicht weiter davon zu reden, dass leider, auch recht oft verabsäumt wird, die Aussaat wirklich ständig gleichmässig feucht zu halten! Auch bei nur einmaligem vorübergehen dem Austrocknen kann die Keimung sofort einen mindestens einjährigen Aufschub erfahren. Die Erklärung dafür dürfte in der Notwendigkeit zu suchen sein, dass auf keinen Fall in der Natur Sämlinge noch nach dem Beginn einer Trockenperiode auflaufen. ähnlich dürfte es sich auch mit dem Streuen der Keimungsperioden über mehrere längere Zwischenräume verhalten. Ohne Zweifel ist diese Eigenheit ein vortrefflicher Schutz dagegen, dass schon durch das Zusammentreffen einiger weniger ungünstiger Umstände mit einem Schlage eine Art zum Aussterben gebracht werden kann. Der Samen von Phyllokakteen-Hybriden keimt nie als Phyllo, d. h. das erste nach den Keimblättern sich entwickelnde Blättchen zeigt nie die typische Phyllokakteenform. Sie ist vielmehr stets cereusförmig, also drei- bis sechskantig. Auch die ersten Seitentriebe der jungen Sämlinge haben das gleiche Aussehen. Erst wenn die neuen Triebe fingerlang geworden sind, wandeln sie sich in Phyl1oform um. Sie werden flach oder auch dreikantig, um von da an diese Form beizubehalten.

 2. Stecklinge

einfachste und bequemste Art der Vermehrung ist die durch Stecklinge. Hierzu kann jeder gut ausgebildete Trieb verwendet werden, solange seine Areolen, die Knospenpunkte, nicht etwa bereits zum, grössten Teil Blüten gebracht und dann verholzt sind. Man kann den ganzen Trieb oder aber nur ein Teilstück davon verwenden, das aber immer mehrere Areolen haben muss. Der Trieb wird mit einem scharfen Messer quer zur Mittelrippe abgetrennt und dann durch schräge Schnitte, die von der Achse aus beiderseits nach oben bis unter die nächste Areole geführt werden, keilförmig hergerichtet. Die Bewurzelung erfolgt aus der harten Mittelrippe, nicht aus dem Fleisch des Triebes. Ferner entstehen aber sehr leicht Wurzeln aus den Areolen und dann aus ihnen auch bald die ersten starken Triebe von der Erde aus, die viel dazu beitragen, dass aus dem jungen Steckling bald eine buschige Pflanze wird. Die fertig zugeschnittenen Stecklinge bleiben nun je nach der Jahreszeit kürzere oder längere Zeit liegen, damit die Schnittflächen erst gut vernarben. Sind die Stecklinge aus älteren starken Zweigen geschnitten, die sehr vollsaftig sind, so können sie unbeschadet wochenlang liegen, auch wenn sie dabei welk werden und schrumpfen. Sogar ganz pergamentartig zusammengetrocknete Stecklinge machen, sobald sie z. B. auf feuchte Erde zu liegen kommen, sehr schnell aus der Mittelrippe Wurzeln und füllen sich wieder bis zum neuen Wachstum. Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, dass es ganz unnötig ist, mit dem Einpflanzen der Stecklinge irgendwie ängstlich zu sein. Ich schneide die Stecklinge fast ausnahmslos aus vorjährigen kräftigen Trieben. Sie werden sofort mit einem besonderen Stempel unvergänglich mit der Sortennummer bezeichnet, um allen unliebsamen Verwechslungen vorzubeugen und fertig zugeschnitten. Das Einpflanzen erfolgt ohne alle Eile, wenn sich Zeit dazu findet, und es vergehen oft genug Monate bis dahin, sodass die ursprünglich vollsaftigen und prallen Stecklinge bei ihrer trockenen Lagerung unter der Stellage eines kühlen Gewächshauses oft pergamentartig zusammengetrocknet sind. Sofort in Stecklingstöpfe gepflanzt, kommen sie dann auf eine Stellage der Rückseite eines Gewächshauses zu stehen, wo sie ebenfalls keine Sonne erhalten und auch fast nicht gespritzt werden. Nur wenn es sehr heiss ist und die Erde in den Stecklingstöpfen zu .trocken wird, dann werden sie leicht angespritzt. Auf diese Weise machen die Stecklinge leicht Wurzeln. Der Ausfall ist noch nicht einmal 1 %. Ich mute niemandem zu, sich ebenfalls diese Gewaltkur, die aber nur der Natur abgelauscht ist, zu eigen zu machen, mir liegt nur daran, zu zeigen, dass es wirklich ganz unnötig ist, aus Besorgnis, die Stecklinge könnten vertrocknen, das Einsetzen zu überstürzen, wobei dann erhöhte Gefahr besteht, dass die Stecklinge von den noch nicht genügend vernarbten Schnittstellen aus in Fäulnis übergehen. Eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn es sich darum handelt, einen jungen, noch weichen Trieb als Steckling zu verwenden. Es wird manchem unglaubhaft klingen, dass bei mir einmal eine Anzahl Stecklinge über ein Jahr lang nicht eingepflanzt im Gewächshaus gelegen haben. Sie machten also dort die Hitze des Sommers und die kühle Temperatur des Winters durch und trockneten zu einer Art Papier zusammen. Eingepflanzt erholten sie sich bald, waren nach vier Wochen wieder frisch und wurzelten dann. Einer Pflanze des sogenannten "Ackermanni", die wurzelfaul geworden war, nahm ich die ganze Erde weg, schnitt die kranken Wurzeln ab und liess die Pflanze uneingepflanzt unter dem Glasdach liegen. Nach 19 Monaten wurde sie wieder eingepflanzt, füllte sich bald darauf und blühte im n�chstfolgenden Jahre wieder reichlich. Die Beispiele zeigen, welch zähe Gesellen die Phyllos sind. Sie geben ihr Leben nicht so leicht auf. Der Liebhaber wird am zweckmässigsten seinen Steckling an ein Stäbchen binden, das bis 5 cm unter die Mittelrippe ragt und den Steckling am Umfallen hindert. Das ist besonders notwendig, wenn nur ein waagerechter Schnitt gemacht ist, da dann die Schnittfläche nur auf die Erde aufgesetzt wird. Bei dem oben beschriebenen Keilschnitt dagegen kommt der Steckling soweit in die Erde, dass die beiden Areolen noch auf dem Boden mit aufsitzen und Wurzeln bilden können. Es ist selbstverständlich, dass die Stecklinge, solange sie noch keine Wurzeln haben, auch noch keine Erdfeuchtigkeit aufnehmen können. Es genügt daher bei sonnigem, warmen Wetter öfter ,einmal ein leichtes Anspritzen oder Annebeln. Mit zunehmender Bewurzelung kann dann auch die Feuchtigkeit gesteigert werden, und wenn die Wurzeln den kleinen Erdballen durchdrungen haben, wird es sich empfohlen, den nunmehr bewurzelten Steckling in einen ein wenig grösseren Topf zu verpflanzen. Ist eine Blattspitze verwendet, so besteht bei einem Steckling meist die Neigung, weiter in die Länge zu wachsen, anstatt seitich auszutreiben. Man stutzt daher solche Stecklinge rechtzeitig und zwingt sie dadurch zum Durchtreiben der seitlichen Augen. Dass es, um bei Anzucht in Massen Platz zu sparen, auch möglich ist, die Stecklinge statt einzeln in Töpfe gemeinsam auf Beeten einzusetzen, bedarf, wohl nicht, besonderer Erklärung, ebenso wird als bekannt vorausgesetzt, dass für die Bewurzelung eine leichte, sandige Erde, oder eine Mischung von Torfmull mit Sand oder auch nur reiner Sand zu verwenden ist, nicht eine schwere und fette Erde. Die Stecklingsvermehrung ist das ganze Jahr hindurch möglich, nur erfordert die Bewurzelung im Herbst und Winter längere Zeit, als im Frühjahr. Während Frühjahrsstecklinge, die schon im Februar oder März geschnitten sind, bereits im Laufe des ,ersten Sommers stark austreiben und bis zum Herbst buschige Pflanzen ergeben können, wurzeln Julistecklinge zwar auch so gut an, treiben aber meistens gar nicht mehr oder doch erst sehr spät noch aus. Beide Methoden haben ihre Vor- und ihre Nachteile. Frühjahrsvermehrung ergibt schnell grosse Pflanzen, die aber im Winter viel Platz benötigen, während späte Sommerstecklinge in kleinen Stecklingstöpfen überwintert werden können und nicht viel Platz einnehmen. Man kann mit Julistecklingen, wenn dazu möglichst ganze, fertige Sommertriebe verwendet werden, mitunter erreichen, dass sie im Frühjahr aus den schlummernden Blütenknospen bereits Blumen bringen. Wert hat das aber nicht, denn die Blumen schwächen die junge Pflanze so sehr, dass sie keine neuen Triebe macht und doch ein Jahr zurückbleibt. Es ist besser, die Knospen auszubrechen und lieber die Pflanze in recht flottem Wachstum zu erhalten, so dass sie bis zum Herbst noch grosse neue Blatttriebe entwickelt. Aus diesen Trieben wird die nun kräftig bewurzelte und über reiche Reserven in den Trieben verfügende Pflanze dann im nächsten Frühjahr mit weit grösserer Zuverlässigkeit nicht nur Knospen ansetzen, sondern sie auch zum vollen Erblühen bringen. Im Frühjahr bewurzelte Jungpflanzen, die in Stecklingstöpfen stehen, müssen im Laufe des Sommers nochmals umgepflanzt werden. Man übersehe nicht, dass Phyllokakteen ihre Hauptwachstumszeit gegen Ende des Sommers haben.

3. Ableger

Die sicherste Methode der Vermehrung schließlich ist die durch Ableger. Sie benötigt aber viel Platz und ist daher nicht überall anwendbar. Phyllokakteen machen sehr leicht aus den Triebspitzen Luftwurzeln. Lässt man also die Zweige der Phyllokakteen mit der Spitze auf den Baden aufliegen, und hält das Erdreich immer mäßig feucht, so dringen die Luftwurzeln bald in den Boden und beginnen sich dort reich zu verzweigen. Aus der bewurzelten Spitze entwickeln sich dann sehr kräftige neue Triebe, die man, zunächst ruhig weiter wachsen lässt. Ist, so eine neue Pflanze gewissermassen schön herangewachsen, so schneidet man hinter diesen Trieben den Mutterzweig einfach durch und bindet ihn wieder aufrecht. Auf diese Weise hat man, je nach der Zahl der umgelegten Triebspitzen, mehrere Jungpflanzen erhalten und besitzt trotzdem am Ende dieser Vermehrung daneben nach seine volle Pflanze, welche dann aus diesen vollständig erhalten gebliebenen Zweigen auch das nächste Jahr wieder blühen kann. Schneidet man dagegen Triebe zu Stecklingen ab, so hat man nicht nur das Risiko, dass die Bewurzelung auch einmal nicht glückt, sondern natürlich auch an der Mutterpflanze weniger Triebe und später weniger Blumen.

4. Veredeln

Das Veredeln ist eine alte und allgemeine gärtnerische Kunst, deren Besonderheiten bei Kakteen zu so vielen Malen bereits beschrieben wurde, dass ich darauf nur kurz eingehen möchte. Die Veredelung spielt bei Phyllakakteen nur eine bescheidene Rolle. Bei einigen Sorten, wie z. B. bei "Deutsche Kaiserin", bewirkt sie, dass die an und für sich schwach wachsende Sorte besser treibt und längere Triebe macht und dass diese gesünder sind. Vor allem wird aber Veredelung dann gern angewandt, wenn von einer Sorte sehr viel mehr Pflanzen gefordert werden, als vorhanden sind, so dass keine Möglichkeit besteht, den Bedarf mit dem Bestand in absehbarer Zeit in Einklang zu bringen. Das ist naturgemäß bei schwach wachsenden oder nur wenige Zweige treibenden Sorten häufig der Fall. Man geht dann im allgemeinen so vor: Zweige stark wachsender Phyllakakteen werden in Stücke entsprechenderLänge geschnitten. Zunächst müssen die Schnittstellen abtrocknen. Ist dies geschehen, so werden sie in Stecklingstöpfe eingepflanzt und veredelt, sobald die Bewurzelung erfolgt ist. Das Veredeln erfolgt entweder durch Kopulieren oder durch Einspitzen. Beim Kopulieren schneidet man von der Unterlage wie von dem Edelreis eine Scheibe senkrecht zur Längsachse ab, wobei man also auch die Mittelrippe glatt durchschneidet, so dass zwei frische Schnittflächen entstehen. Diese beiden Flächen fügt man solange sie frisch sind, also möglichst bald nach dem Schnitt so zusammen, dass Mittelrippe auf Mittelrippe zu stehen kommt und die beiden Teile derart zusammenzuwachsen vermögen. Man achte darauf, dass die bei den Schnittflächen in Gestalt und Größe ebenfalls möglichst gut zusammenpassen. Durch eine geeignete Bandage ist dafür zu sorgen, dass die innige Berührung der beiden Schnittflächen aufrecht erhalten bleibt, bis sie miteinander verwachsen sind und derartiger äußerer Hilfe nicht mehr bedürfen. Man kann aber auch die Unterlage spalten oder keilförmig einschneiden und das dem Spalt oder Keil entsprechend zugeschnittene Edelreis in ihn einfügen. Falls die Blattbreite ein Verbinden mit Bast oder Faden nicht gut zulässt, so kann man Edelreis und Unterlagen durch eine rostfreie Nadel oder einen kräftigen Stachel zusammenhalten.Nun kann aber auch der Fall eintreten, dass man gern veredeln möchte, dass jedoch keine genügend bewurzelten Unterlagen vorhanden sind. In diese Notlage kam ich im Frühjahr 1947 und möchte berichten, wie ich sie mit Hilfe einer neuen Veredelungsmethode überwand. Die Stecklinge der sehr begehrten gefüllt blühenden Phyllokakteen bewurzeln sich teilweise schwer. Ausserdem konnten nicht genügend davon beschafft werden, da der Bedarf zu groß ist. Bewurzelte Unterlagen waren aber auch nicht genügend vorrätig. Ich schnitt frische Unterlagen, veredelte sie mit den Pfropfreisern durch Anplatten und ließ sie liegen, denn die frische Schnittfläche der Unterlagen konnte doch keinesfalls der Erde anvertraut werden. Fäulnis wäre die sofortige Folge gewesen. Die Veredelungen blieben also liegen, und während diefreien Schnittflächen allmählich abtrockneten, wuchsen die Edelreiser in etwa 2 Tagen an und konnten sich nunmehr vom Safte der Unterlage ernähren. Nach dem Abtrocknen wurden die Veredelungen in Stecklingstöpfe gepflanzt und wuchsen gut ein. Das Schneiden der Stecklinge und das Veredeln nahm ich Ende April bei sonnigem Wetter vor, gewann somit die günstigste Zeit zum Veredeln, während der Sommer und mit ihm die beste Veredelungszeit verloren gegangen wären, wennich das Abtrocknen der Unterlagen erst abgewartet hätte. So konnten dagegen die Edeltriebe noch die Möglichkeit erhalten, im Sommer zutreiben und sich zu entwickeln. 

PFLEGE DER PHYLLOKAKTEEN nach Knebel
 

Die Blütezeit der Phyllokakteen fällt in das Frühjahr. An die Blüte schließt sich bei sachgemäßer Pflege zunächst eine längere Ruheperiode. Der eigentliche Neutrieb beginnt erst richtig im Hochsommer und setzt sich sogar, besonders bei jüngeren Pflanzen, bis in den September fort. Es ist daher angebracht, dieses neue Wachstum auch durch Erneuerung der Erde zu fördern. Man verpflanzt also zweckmäßig während der auf die Blüte folgenden Ruhezeit. Bei dieser Gelegenheit kann man auch die Pflanzen durch Beschneiden auslichten. Man schneidet vor allem solche Triebe fort, die bereits mehrere Jahre alt sind und aus dem größten Teil der Areolen schon geblüht haben. Jede Areole bringt nämlich nur eine Blüte. Da aber nicht alle Areolen an einem Triebe schon in einem Jahre Blüten bringen, verteilt sich das Abblühen eines Triebes auf mehrere Jahre. Auch ein ganz abgeblühter Trieb ist zwar nicht wertlos für die Pflanzen, sondern dient weiter als Assimilationsorgan. Da aber ältere Büsche meist zu dicht werden, ist es doch wertvoller, durch Herausschneiden der alten Triebe den übrigen mehr Licht zukommen zu lassen. Ebenso kann die Form des Busches durch vorsichtiges Wegschneiden sehr ungünstig stehender oder mangelhafter Triebe verbessert werden. Solche Nachhilfen sollen aber mit Mäßigung erfolgen und setzen etwas Gefühl für die Natur der Pflanzen voraus. Ein Stutzen oder Kappen der Zweige, wie es oft empfohlen wird als Mittel, um schneller oder mehr Blüten zu erzielen, kann ich nicht empfehlen. Nicht nur, dass so zugerichtete Pflanzen wenig erfreulich aussehen, sondern ein gut kultivierter Phyllokaktus wird nach einem Stutzen der Triebe gar nicht Blüten machen, sondern bestrebt sein, durch Ausbildung von Seitentrieben aus den Areolen den Verlust der natürlichen Blattspitze zu ersetzen. Es würde also genau dasselbe eintreten, wie auch sonst, wo das Entspitzen der Triebe ja längst ein Hilfsmittel ist, Pflanzen zu reicherer Verzweigung zu bringen. Ist dagegen die Pflege nicht sehr gut gewesen, vielleicht die Pflanze zu mager und zu trocken gehalten worden, so ist ein Kappen der Triebe erst recht überflüssig, denn ohnehin wäre es dann zu verhältnismäßig reichlichem Knospenansatz gekommen. Andererseits möchte ich vor solchen "Hungerkuren" warnen. Sie erhöhen zwar die Blühwilligkeit, aber die Pflanzen erschöpfen sich dann durch das Blühen außerordentlich und sind nur schwer wieder ins Wachstum zu bringen. Die Aufstellung der Phyllokakteen während der warmen Monate erfolgt, wenn die Möglichkeit dazu gegeben ist, mit Vorteil im Freien, auf dem Balkon oder im Garten an nicht der prallen Mittagssonne ausgesetzten Plätzen und gegen übermäßige, tagelange Regengüsse geschützt. Sonst ist Regen den Pflanzen sehr wohltuend. Ebenso die frische Luft, die ihnen, wenn sie im Zimmer am Fenster bleiben müssen, wenigstens durch reichliches Lüften zugeführt werden muss. Im Gegensatz zu anderen Kakteen vertragen die Phyllos sehr gut eine zeitweilige Düngung. Das ganz besonders, wenn sie aus irgendeinem Grunde nicht in frische Erde verpflanzt worden sind und daher fast immer Nahrungsmangelleiden werden. Womit gedüngt wird, ist nicht so entscheidend. Die Hauptsache bleibt, dass die Pflanzen nicht einseitig mit treibenden Stickstoffdüngern gemästet werden, sondern eine sogenannte Volldüngung erhalten, wobei ihnen außer Stickstoff auch entsprechend Phosphorsäure und Kali zugeführt werden. Das beste freilich bleibt immer eine genügend gehaltreiche Erde, die eine weitere künstliche Düngung übrig macht. Wendet man aber flüssige Nachdüngung an, so höre man damit vor ende Sommer auf, damit der Trieb rechtzeitig zum Abschluß kommt. Erst im Frühjahr, wenn der neue Trieb einsetzt oder sich Knospen entwickeln, kann wieder gedüngt werden. Es geschehe aber auch da nur mäßig.

Erde
Im Gegensatz zu den Stammarten der Phyllokakteen, die Epiphyten sind und entsprechend eine humose, aber sehr leichte Erde haben wollen, sind die Hybriden, in denen das Blut verschiedener Cereenarten rollt, in eine gehaltvollere Erde zu setzen. Ich verwende eine Erdmischung aus einem Teil Lauberde und ,einem Teil Torfmull, einem Teil möglichst sandigem Lehm (Latarit), einem Teil verrottete Düngererde und einem Teil Flusssand. Das gibt eine nicht nur durchlässige, sondern auch sehr nahrhafte Erde, wie sie die Phyllokakteen benötigen. Die Beigaben von Lehm und Sand tragen zu einer strafferen Struktur der Triebe bei. Kalk gebe ich grundsätzlich den Phyllokakteen nicht. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass besonderer Kalkgehalt der Erde nicht naturgemäß für Phyllokakteen ist und von ihnen auch nicht gut vertragen wird. Ob dieser Standpunkt richtig ist, mag dahingestellt bleiben, sicher ist, dass in meinen Kulturen kein Kalk in die Erde kommt, und ich bin auf diese Weise immer gut gefahren. In der Tatsache, dass in
manchen Kakteenkulturen, wo infolge eines hohen Kalkgehaltes im Gießwasser
andere Kulturen prächtig gedeihen, Phyllokakteen nur sehr unbefriedigende
Kulturerfolge zeitigen, kann ich nur eine weitere Bestätigung meiner Ansicht erblicken.
Gießen
Auch hinsichtlich des Gießens nehme ich einen vom üblichen ganz abweichenden
Standpunkt ein. Ohne Frage kann durch Gießen mit erwärmtem Wasser bei Kakteen eine treibende Wirkung erzielt werden, vorausgesetzt, dass die Kakteen auch sonst sehr warm gehalten werden und deshalb nicht etwa erst recht Erkältungs- Erscheinungen herbeigeführt werden. Eine andere Frage ist es allerdings, ob Kakteen, die aus einer feuchtwarmen Mastkultur kommen, für den Liebhaber ganz das Richtige sind. Ganz unlogisch erscheint es mir aber, wenn in Kulturanleitungen
für Kakteen immer empfohlen wird, auch im Winter, also während der Ruhezeit der Kakteen, zum Gießen angewärmtes Wasser zu verwenden. Die triebreizende Wirkung warmen Wassers, die allbekannt ist und in der gärtnerischen Praxis auch zum Frühtreiben von Maiblumen, Flieder u. a. ausgenutzt wird, ist während der Ruhezeit der Kakteen von vornherein gänzlich unerwünscht. Andererseits liegt es auf
der Hand, dass es bestimmt nicht zum Wohlbefinden der Pflanzen beitragen kann, wenn die Erde nach vorübergehender Erwärmung durch das warme Wasser dann in kurzer Zeit doch wieder abkühlt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass durch solche künstliche Prozeduren nicht erst recht die Empfindlichkeit der Pflanzen gegen kühle Temperaturen erhöht werden müsste. Ich nehme mit Absicht die Frage des
Giessens im Winter vorweg, denn ich muss den folgenden Ausführungen ausdrücklich vorausschicken, dass selbstverständlich eine Abhärtung der Kakteen, wie sie die Folge meines Giessverfahrens ist, nicht etwa im Winter begonnen werden darf. Pflanzen, die durch zu warme Haltung und womöglich auch durch ständiges Gießen mit angewärmtem Wasser bereits verweichlicht sind, sind natürlich besonders in den kalten Monaten immer gefährdet. Aber auch bei ihnen wird es mindestens richtiger sein, im Winter anstatt warmen Wassers stets nur solches zu
verwenden, das Raumtemperatur hat und daher weder eine Abkühlung noch eine Erwärmung der Erde bewirken kann. Ebenso ist es selbstverständlich, dass besonders im Winter jedes Gießen vom übel ist wenn die Erde ohnehin feucht ist. Die Pflanzen nehmen während ihrer Ruhezeit nur verschwindend geringe Mengen von Wasser durch die Wurzel auf, zu große Erdfeuchtigkeit bewirkt daher in dieser Zeit unfehlbar ein rasches Versauern der Erde und führt damit zu Wurzelerkrankungen. Die Feuchthaltung während der Ruhezeit kann daher niemals einen anderen Zweck haben, als die Erde nur sehr mäßig feucht zu erhalten und ihr gänzliches Austrocknen zu verhindern, weil das ein Absterben der feinen Saugwurzeln zur Folge haben würde. Wer sich das vergegenwärtigt, wird kaum Fehler beim Gießen im Winter machen. Auch in der wärmeren Jahreszeit ist Gießen bei bereits feuchter Erde wiedersinnig, und es ist ganz gleichgültig, ob es mit warmem oder mit kaltem Wasser geschieht, denn in jedem Falle kann es nur schaden. Ist der Feuchtigkeitsgehalt der Erde dagegen, teils durch den Wasserverbrauch der Pflanze, teils durch Verdunstung soweit vermindert, dass
ein Gießen nicht nur zweckmäßig, sondern notwendig ist, soll die Pflanze nicht Not leiden, so wird das Gießwasser, auch wenn es kalt ist, doch die Erde nicht erheblich abkühlen können. Die Aufnahme des Gießwassers durch die Erde ist ein Vorgang, bei dem heftige mechanische Energien entwickelt werden infolge der Entweichung der in feinster Verteilung alle Zwischenräume in der Erde ausfüllenden Luft. Dadurch erfolgt automatisch eine Angleichung der Wassertemperatur an die der Erde. Besonders auffällig wird dieser Vorgang z.B., wenn im Sommer auf die warme Erde plötzlich ein kalter Gewitterregen niedergegangen ist. Die Erde ist dann keineswegs nasskalt, sondern strömt eine mit der Hand deutlich fühlbare feuchte Wärme aus. Das ändert sich erst, wenn bei anhaltend kaltem Regenwetter der Boden bis zur Sättigung Wasser aufgenommen hat. Tatsächlich sehen wir es nach solchen Gewitterregen auch förmlich wachsen. Während in nassen Sommern, wo der Boden infolge übermäßiger Feuchtigkeit immer kalt ist, auch ein warmer Regen keine Belebung des Wachstums bewirkt. Wenn wir uns diese natürlichen Vorgänge recht veranschaulichen, so kann es auch nicht schwer fallen, daraus für die richtige Behandlung der Phyllokakteen im Gießen die nötigen Lehren zu ziehen. Bei kühlem und feuchtem Stand ist jedes Gießen vom übel, während bei verständiger Anwendung, d. h. bei wirklichem Bedarf an Feuchtigkeit und wenn es nicht gerade zu einer Tageszeit erfolgt, wo die Pflanze von der Sonne stark erhitzt ist, ein Gießen mit kaltem Wasser nicht nur unbedenklich sein muss, sondern die Pflanze erfrischt. Zweifellos geht es der Pflanze darin nicht anders, wie uns selbst, die wir auch zur rechten Zeit einen Trunk frischen, kühlen Wassers oder ein Bad als Erquickung empfinden. Ja, wollte man gerade bei warmem Wetter auch noch warmes Gießwasser verwenden, so würden dadurch erst recht ideale Voraussetzungen für das Gedeihen der ärgsten Pflanzenfeinde, nämlich der pilzlichen Schädlinge, künstlich geschaffen werden. Wir wissen ja, wie in feuchtwarmen Sommern alle Pilzkrankheiten an Pflanzen und Früchten des freien Landes besonders verheerend auftreten, während kalte Regen ihre Entwicklung stets eindämmen. Eine erschöpfende Erörterung aller weiteren Gründe, die sich noch geltend machen ließen, würde hier viel zu weit führen, auch könnte man einwenden, dass in solchen Fragen alle theoretischen Beweisführungen nicht den Ausschlag geben können. Daher möge es genügen, wenn ich die Tatsache feststelle, dass sich bei mir die Verwendung nur von kaltem Wasser, wie es aus der Leitung kommt, bei der Kultur der Phyllokakteen und auch meiner anderen Kakteen in jahrelanger Praxis voll bewährt hat. Ich weiß sehr wohl, dass es bestimmte Kakteenarten, besonders solche aus feuchtheißem Klima gibt, die in der Kultur überhaupt empfindlich sind und daher auch verständiger weise von niemand gehalten werden sollten, der nicht die Möglichkeit besitzt, ihnen die ganz besonderen Pflegebedingungen, die sie erfordern, bieten zu können. Von diesen Ausnahmen ist hier aber auch gar nicht die Rede. Ebenso ist es wohl selbstverständlich, dass ein plötzliches Gießen mit kaltem Wasser bei Kakteen, die bis dahin verweichtlicht worden sind, nachteilig wirken kann. Vielleicht beruhen die ängstlichen Anweisungen über die Verwendung von erwärmtem Wasser in der Literatur denn auch auf schlechten Erfahrungen, die gemacht worden sind, wenn verweichlichte Pflanzen unversehens einmal kalte Duschen erhalten hatten. Ebenso müssen Schäden eintreten, wenn, besonders in der kühlen Jahreszeit, gegossen wird, obgleich die Erde noch genügend feucht war. Aber auch dann ist es gleichgültig, ob das Gießwasser kalt oder warm ist. Erde, die ständig zu feucht gehalten wird, erfährt keine Durchlüftung und wird, wie in Sümpfen und nassen Wiesen unvermeidlich sauer und damit gänzlich ungeeignet für fast alle Kulturpflanzen. Dieses Versauern kann auch leicht bewirkt werden, wenn in der guten Absicht, Pflanzen, die welk aussehen, recht fleißig gegossen werden. In solchen Fällen muss vielmehr nach der Ursache des Welkens geforscht werden. Wenn im Sommer längere Zeit sehr heißes Wetter ist, werden manchmal auch in bester Kultur stehende Phyllos einen matten Eindruck machen. In der Regel werden sie sich aber über Nacht wieder straffen. Meist dagegen sind welke Pflanzen wurzelkrank, sei es infolge schlechter Erde, sei es aber auch infolge zu trockener Haltung, die zum Verlust der feinen Saugwurzeln geführt hat. Gießt man dann munter weiter drauf los, so wird das Übel nur noch verschlimmert. Man muss solche Pflanzen nach Feststellung der Ursache genau wie Stecklinge behandeln, bis sie genügend frische Wurzeln gebildet haben, um nun wieder normal Wasser aufnehmen zu können. Nicht selten kommt es auch bei Pflanzen, die im Freien im Garten stehen, vor, daß Regenwürmer in den Topf eindringen und durch ihre Ausscheidungen ein Versauern der Erde herbeiführen. Man kann sich dagegen schützen, indem man einerseits die Töpfe nie mit dem Boden unmittelbar auf die Erde stellt, sondern etwa zu ein Drittel des Topfes in ein Loch einsenkt, das tief genug ist, um unter dem Topf noch einen Hohlraum zu lassen, andererseits kann man dem Eindringen der Würmer in den Topf auch durch richtiges Einlegen der Topfscherbe vorbeugen. Die übliche Angabe, dass die Topfscherbe über dem Abzugsloch hohl gelegt werden müsse, ist nicht zweckmäßig. Man lege sie getrost mit der gewölbten Seite nach unten. So bietet sie gegen das Eindringen von Würmern Schutz, während das abfliessende Wasser seinen Weg auch durch den schmalsten Spalt findet. Im übrigen sind hohl gelegte Verschlussscherben ein beliebter Schlupfwinkel sowohl für Kellerasseln, wie für Schnecken, und auch aus diesem Grunde zweckwiedrig. Dass freilich auch darauf geachtet werden muss, dass das Abzugsloch nicht von außen durch einen Erdpfropfen verstopft wird, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.
 
Behandlung im Winter
 
Wie die Phyllos im Sommer nicht zu viel Sonnenbestrahlung mögen und besser im Halbschatten und in gedämpfter Sonnenbestrahlung gedeihen, so sollen sie auch im Winter nicht zu viel Wärme haben. Phyllos in einem trockenen und überhitzten Zimmer zu überwintern ist falsch. Der richtige Standort bei Zimmerkultur ist ein kühIes Zimmer, in dem eine gleichmäßige Temperatur von ungefähr + 6 bis + 8° C herrscht. Man sorge dafür, daß die Pflanzen ihren richtigen feuchten Erdballen
behalten, wobei man mit etwas Fingerspitzengefühl einen Unterschied zwischen nass und feucht und zwischen trocken und dürr machen möge. Der Erdballen werde nie "nass" aber auch nie "dürr". Die angegebene Zimmertemperatur sorgt  dafür, dass die Ballen ihr Wasser nicht übermäßig rasch verlieren und zu oft gegossen werden müssen. Zu Beginn des Winters entwickeln die Phyllos gern unmittelbar über der Erde neue Triebe, die anfänglich einem Spieß gleichen. Über diese Triebe ist sehr viel und leider sehr viel Falsches geschrieben und immer wieder erneut zitiert worden. Man hat dazu geraten, diese Triebe restlos wegzuschneiden. Die Anfänger in der Phyllokakteenzucht mussten ja wohl oder übel glauben, dass es richtig sei, wenn es so oft gesagt werde, und folgten dem Rate. Die alten Triebe blühten, ihre Areolen verholzten und neue Blüten blieben aus, weil sie ausbleiben mussten, denn die alten Triebe konnten nicht mehr blühen, die neuen wurden weggeschnitten. Man freue sich im Gegensatz zur alten Regel, wenn die Pflanzen schon zu Beginn des Winters beginnen, sich von unten heraus zu verjüngen. Der strenge Frostwinter 1946/47 hat durch den beispiellosen Mangel an Heizmaterial in Deutschland vielen Blumenfreunden schweren Schaden zugefügt. Ein erheblicher Teil der in privaten Besitze vorhandenen Pflanzenbestände ist erfroren und damit ist auch der Bestand an Phyllokakteen arg vermindert worden. Da nun die Gefahr besteht, dass sich die Sorgen um das Leben der Zimmerpflanzen wiederholen, möchte ich auf Grund meiner Erfahrungen für die Behandlung frostgefährdeter -Phyllos folgende Ratschläge geben:
Jede einzelne Pflanze ist dicht in entsprechende Bogen Papier gerade so einzuhüllen, wie das zum Zwecke des Versandes geschieht. Der Topf wird mit eingewickelt und, oben und unten wird die Umhüllung zugebunden. Dann lege man diese Pflanzen, je nach den vorhandenen Möglichkeiten, entweder in eine große Kiste oder Truhe oder  falls eine solche nicht zur Verfügung steht - auf den, Fußboden des Raumes, in dem die Pflanzen verbleiben sollen und decke, sie während der Frostperiode dicht mit Decken oder sonst geeignetem, Material zu. Die  Erdballen der Pflanzen sind zuvor nach genügend, feucht zu machen, damit die Phyllos nicht an Trockenheit leiden, falls die Verpackung lange Zeit aufrecht erhalten werden, muss. Sobald die Gefahr beseitigt ist, vergesse man nicht, die Pflanzen aus ihrer Haft zu befreien. Phyllos überstehen eine solche vorübergehende Abschließung vom Licht gut. Als Beweis dafür können auch meine Erfahrungen' aus der Versand praxis dienen. Ich schickte Phyllas wohl nach allen Gegenden des Erdballs. Sie sind immer gut angekommen. So habe ich Sendungen nach Japan, nach Kapstadt im südlichsten Afrika, nach Argentinien, Kalifornien und Haiti ausgeführt, alles Ziele, die nur nach langer Reise erreicht wurden. Eine Sendung nach Kanada wurde via Sibirien verlangt. Auch diese Pflanzen kamen gut an. Eine Bestellung aus  Argentinien musste zu Beginn des letzten Krieges über Italien ausgefertigt werden. Die großen Pflanzen wurden in einer Kiste zu der vermittelnden Firma nach Mailand geschickt. Nach 5 ½ Monaten kam die Kiste aber uneröffnet wieder zurück, da inzwischen auch Italien in den Krieg verwickelt worden war und der Weitertransport unmöglich wurde. Alle Pflanzen waren noch frisch. Kein Zweig' war vertrocknet. Nur die kleinen Triebe, die sie in der langen Haft gemacht hatten, waren schwach und bleich. Gerade dieses Beispiel ist ein guter Beweis dafür, wie lange Phyllakakteen Licht entbehren können, ohne zu leiden. Wenn also Frostgefahr droht und Heizung nicht zur Verfügun g ist, dann packe man unbesorgt die Kakteen so ein, wie es oben beschrieben wurde. Grosse Hitze, vor allem ein zu heißes Klima sind dagegen wesentlich gefährlicher. Sa glücklich meine Sendung nach Haiti verlief, so unglücklich fühlten sich meine abgehärteten an ein nordisches doch immer etwas unfreundliches Klima gewöhnten Sämlinge in dem heißen Lande und gingen bis auf eine Stammform ein, die sich wohl in dem Klima heimisch fühlen machte. Es ist mir das ein weiterer Beweis dafür, dass man Phyllohybriden gerade bei heißem Wetter eine Erfrischunggönnen soll und zum Gießen und überbrausen frisches, kühles Wasser nehmen soll.
 
Aufrechter oder hängender Wuchs
 
Da die Phyllos wie die Epiphyllen und Ripsalis zum großen Teile Baumbewohner sind, hängen ihre Zweige vielfach herunter. Die Kreuzung mit anderen Kakteen hat in dieses ursprüngliche Bild manchen Wandel gebracht, aber auch unter den Hybriden finden wir Pflanzen mit ausgesprochen hängendem Wuchs. Es ist mir aufgefallen, dass bei Arten, die eine Neigung zu hängendem Wuchs zeigen, der Knospenansatz ein viel reicherer ist, wenn dieser Neigung nachgegeben wird. Fast auf jede AreoIe kommt dann eine Knospe. Vielleicht liegt hier eine Parallele zu den Erfahrungen der Obstzüchter vor, die Zweige durch waagerechtes Anbinden zu reicherem Blütenansatz veranlassen. Die Saftzirkulation wird dann so beeinflusst, dass mehr Blüten und weniger Zweige sich bilden. Ich empfehle deshalb, alle Phyllos, die
Aulage zum hängendem Wuchs erkennen lassen, als Ampelpflanzen zu ziehen.
 
Krankheiten
 
über Krankheiten der Phyllos ist eigentlich nicht viel zu sagen, da sie bei richtiger Kultur kaum auftreten. Es gibt aber einzelne Hybriden, die leicht braune Flecken auf den Trieben bekommen. Die Flecken trocknen dann ein. und hinterlassen hässliche Narben und Löcher. Ich habe versucht, ob es sich um eine durch Impfen übertragbare Krankheit handelt. Das Ergebnis lässt kaum daran zweifeln, dass die Fleckenkrankheit nicht ansteckend sein kann. Ich neige daher mehr zu der Ansicht, dass sie konstitutionelle Ursachen hat und überhaupt ein auf bestimmte Sorten beschränkter Mangel ist. Es hat daher wenig Zweck, sich mit solchen Sorten herumzuquälen. Der Züchter wird selbstverständlich derartige Sorten sowieso nicht zu Zuchtzwecken verwenden. Etwas anderes ist das Auftreten von glasigen Flecken, die sich dann teilweise rostartig färben und sich über eine bestimmte Zone verbreiten, bis sie dann plötzlich aufhören. Auch junge Triebe werden besonders gern befallen. Im weiteren Verlauf trocknet dann die befallene Stelle ein und wird von dem noch gesunden Teil des Triebes durch Narbengewebe abgeschlossen. Auch diese krankhafte Störung ist nicht übertragbar. Handelt es sich um eine größere Pflanze mit zahlreichen Trieben, so kann man die verunstalteten einfach herausschneiden, besteht sie dagegen aus nur wenigen Trieben, und ist es gar eine seltene oder kostbare Sorte, so wird man besser jede gesunde AreoIe zu erhalten suchen. Wartet man ab, bis das Fortschreiten der Verglasung aufhört und sich deutlich erkennbar der gesunde Teil des Triebes abzuschließen beginnt, so läßt sich der erkrankte Teil leicht wegbrechen. Wird dies vorsichtig und ohne Gewaltanwendung gemacht, so heilt die Narbe dann rascher zu, als wenn man die Pflanze ganz sich selber überlässt. Die ganze Krankheitserscheinung beruht auf einer Stoffwechselstörung infolge Erkältung, wie sie besonders auftritt, wenn die Pflanzen durch Standortwechsel plötzlich in andere Verhältnisse kommen oder ständig von kaltem Luftzug getroffen werden, sei es infolge Spaltenzuges durch schlecht schließende Fenster, sei es durch feuchtkalten Standort, z. B. in der Nähe feuchter Mauern. Ein trockenkühler Standort macht ihnen dagegen nur selten etwas aus. Eine sehr ähnliche Erscheinung infolge derselben Ursachen kann man übrigens auch an Opuntien beobachten. Ich bin lange im Zweifel gewesen, ob meine Auffassung von der Krankheitsursache auch zutreffend sei. Auch von staatlichen Pflanzenschutzstellen, die unter wissenschaftlicher Leitung stehen, konnte jedoch keine Erklärung gegeben werden. Der strenge Winter 1928/29 hat aber wohl meiner Auffassung die beste Bestätigung gebracht. Damals drang der Frost auch durch die stärksten Mauem der Gewächshäuser. Nun konnten die Phyllokakteen, die entlang der Mauer ausgepflanzt waren, naturgemäß nicht weggerückt werden, und so erkrankten sie denn auch, ganz besonders an den Stellen, wo auch durch die fest schließenden Lüftungsfenster infolge des abnormen Temperaturunterschiedes gegenüber der Außenluft doch ein feiner Strom eisiger Luft über die Pflanzen strich. Dagegen zeigten sich an anderen, ebenso kühlen Stellen, wo aber gleichmäßig trockene Luft war, nichts von Erkrankung. Wo die Erkrankung also auftritt, gehe man der Ursache nach und suche sie zu beheben. Dass Standortwechsel und plötzlicher Übergang in andere Kulturverhältnisse auch eine der Ursachen sein kann, bestätigen mir einige, glücklicherweise jedoch seltene Fälle, wo Pflanzen, die einwandfrei gesund und infolge meiner Behandlungsweise durch viel Luft und kaltes Gießen auch völlig abgehärtet von mir zum Versand gebracht worden waren, dann beim Empfänger erkrankten. So etwas ist natürlich sehr unangenehm und kann leicht zu falschen Schlüssen über die Redlichkeit des Züchters führen. Denn an der Erkrankung oder Blühfaulheit der Pflanzen soll immer der Lieferant, niemals aber der Käufer schuld sein. Wie oft aber wird der Käufer wesentlich weniger fachkundig sein und schon deshalb viel leichter Gefahr laufen, durch falsche Behandlung an Misserfolgen schuld zu sein. Leider gibt es keinen sicheren Schutz gegen solche gelegentliche Enttäuschungen. Es läßt sich ja auch nie ergründen, ob die Pflanzen nicht etwa unterwegs, auf der Post, in der Bahn oder beim Spediteur ungünstigen Einflüssen ausgesetzt worden sind und sich so erkältet haben. Pflanzensendungen können sich besonders bei dem Transport auf den Straßen, oder wenn sie längere Zeit beim Verladen oder Umladen der Waggans zugig stehen, reichlich verkühlen. Auch bedeutet der Übergang vom kalten Transport in die meist überhitzen Räume der Post und umgekehrt immer eine gewisse Gefahr. Überängstliche Kakteebesitzer, die ihre Phyllos im Zimmer ziehen müssen, hüten die Pflanzen oft sorgfältig vor der doch so nötigen frischen Luft. Die Phyllos werden dadurch verweichlicht, so dass es kein Wunder ist, wenn solche Pflanzen dann bei starken Temperaturschwankungen krank werden. Schließlich verhalten sich die Phyllos aber wie alle anderen Lebewesen und wie wir Menschen. Auch zwischen vielen gesunden Menschen finden sich unter den gleichen Lebensbedingungen kranke. So dürfen wir uns nicht wundern, wenn hier und da auch eine mal im Kreise gesunder, kräftiger Pflanzen ohne erkennbare Ursache glasig wird und eingeht
 
Knospensucht
 
Ich meine hier mit Knospensucht nicht die Neigung schlecht kultivierter Pflanzen sich gewissermaßen tot zu blühen. Dies ist eine an sich natürliche Erscheinung. Wenn schlechte Lebensbedingungen das eigene Leben gefährden, versuchen die Pflanzen noch mit aller Kraft durch Blühen und Fruchten wenigstens für die, fernere Erhaltung der Art zu sorgen, ehe sie zugrunde gehen. Es handelt sich bei der von mir als Knospensucht bezeichneten Erscheinung vielmehr um das Auftreten von blumenkohlartigen Wucherungen, aus denen später massenhaft junge Triebe hervorgehen. Während diese Erscheinung an anderen Kakteen, besonders Mammillarien verhältnismäßig häufig auftritt,  gehört sie bei Phyllokakteen zu den großen Seltenheiten, wenigstens sind mir unter den vielen Tausenden von Pflanzen, die ich in meiner ja sehr langen  Praxis beobachtet habe, nur drei vorgekommen, die diese Wucherungen zeigten. Vor etwa 40  Jahren fand ich in alten Schriften, aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, wenn ich nicht irre, waren es Jahrbücher des Vereins zur Förderung des Gartenbaues in Preußen - für diese Erscheinung den Namen Blastomania, abgeleitet von den griechischen Worten: blaste gleich Trieb, und mania gleich Sucht. Ich habe diese Benennung bisher nicht wiedergefunden. Verschiedentlich ist für diese Wucherungen, die anfangs tatsächlich einige Ähnlichkeit mit manchen Gallapfel-Wucherungen hatten, Befall durch ein Insekt als Ursache angegeben worden. Dies dürfte jedoch nach meinen eigenen Beobachtungen und mir von anderer Seite gemachten Mitteilungen nicht zutreffen. Handelte es sich um Insektenschäden, so müsste sich der Befall ohne Zweifel auch innerhalb einer Kultur weiter ausbreiten. Das ist bisher nirgends mit Sicherheit beobachtet worden. Einer meiner Geschäftsfreunde hat aber solche Wucherungen, die bei ihm unter großen Mengen yon Mammillarien-Sämlingen vereinzelt aufgetreten sind, mikoskopisch untersucht, ohne dass sich Spuren eines Insekts oder  einer Larve hätten feststellen lassen. Er hat ferner systematisch solche Wucherungen von der Pflanze abgetrennt und auf raschwüchsige Unterlagen aufgepfropft. Regelmäßig haben die Pftröpflinge unter der starken Saftzufuhr durch die Unterlage bereits in kurzer Zeit große Mengen ganz normaler Jungpflanzen entwickelt. Offensichtlich handelt es sich also bei der Blastomania um eine Art Gegenstück zu der ja in ihren. Ursachen auch ganz ungeklärten Bildung von Cristaten oder Kammformen bei den Kakteen. Während nun aber die Cristaten auf einer annomalen Entwicklung des Scheiteltriebes, also der Zentralknospe beruhen, entsteht die Blastomani: aus einer Massenteilung seitlicher Nebenknospen, bei Phyllakakteen vorzugsweise an der Basis der Pflanzen. Anstelle einer einzigen Normalknospe entwickelt sich ein ganzes Knospenbüschel, das mehr oder weniger gleichzeitig mit dem Wachstum beginnt, infolge gegenseitiger Bedrängung und nicht ausreichender Saftzufuhr zuerst sich nur langsam und abnorm entwickelt und erst allmählich zur regulären Formenausbildung führt.
 
Gelbsucht
 
Als Krankheit wird vielfach auch eine Gelbfärbung der Phyllotriebe angesehen. Die Ursache kann eine Wurzelerkrankung sein, die die Pflanze veranlasst, sich eines Teiles der Triebe, die sie nicht mehr ernähren kann, zu entledigen. Mit dem Fortfall der Ursache hört auch die Gelbfärbung weiterer Triebe auf. Ebenso kann die Ursache Nahrungsmangel sein. Dann muss durch Düngung nachgeholfen werden, wenn nicht verpflanzt werden kann. Bei Nahrungsmangel tritt das Vergilben auf beiden Seiten der Triebe gleichmäßig auf. Etwas anderes ist es, wenn die Triebe nur auf der dem Licht zugekehrten Seite gelb werden. Dann liegt zu sonniger Stand vor.
 
Schädlinge
 
Im Gegensatz zu anderen Kakteengattungen kenne ich bei Phyllokakteen nur die Wollaus. Rote Spinne habe ich niemals daran beobachten können. Es ist aber möglich, dass sich bei weniger harter Kultur auch Schildlaus und andere Schädlinge breitmachen; so kann es, wie ich von anderer Seite erfahren habe, auch gelegentlich vorkommen, dass die jungen Neutriebe einiger dünn triebiger Phyllokakteen von dem Gewächshausblasenfuß oder Trips befallen werden. Bei richtiger Kultur werden aber solche ausnahmsweise auftretenden Schädlinge auch bald wieder von selbst verschwinden. Dagegen ist die Wollaus ein Gast, der sehr lästig werden kann. Dafür kann sie aber leicht bekämpft werden, da sie gross und sichtbar ist. Einzelne Tiere kann man ablesen, während die ausgewachsenen mit ihrem wattigen Wachsschutz am einfachsten und sichersten mit gewöhnlichem Brennspiritus, der die Wachsschicht auflöst und die Tiere tötet, zu beseitigen sind. Man betupft sie
mit einem in Spiritus getauchten kleinen Haarpinsel. Irgendwelche Schädigungen der Pflanzen durch Brennspiritus, der, auch in Verbindung mit Reinnikotin, etwas mit Wasser verdünnt ständig in meinem Betriebe verwendet wird, habe ich nie beobachten können. Wenn von anderer Seite vor der Verwendung von Brennspiritus gewarnt wird, so dürften nach meiner Ansicht doch wohl andere Ursachen für schlechte Erfahrungen verantwortlich zu machen sein. Die Anwendung aller
Schädlingsmittel soll nie im Sonnenscheine erfolgen. Die idealste Bekämpfung der Wollaus erfolgt aber durch Spritzen mit kräftigem Wasserstrahl, also je nach der vorhandenen Anlage aus der Wasserleitung oder mit Hilfe einer Pumpe. Natürlich darf man den Strahl nicht so kräftig wählen, dass die Pflanzen umgeworfen werden.
Je nach dem zur Verfügung stehenden Atmosphärendruck wird man das Mundstück so wählen, dass das Ungeziefer abgespült wird, die Pflanzen aber nicht beschädigt werden. Man wird dann bald beobachten, dass sich die Schädlinge nur noch an solchen Stellen ansiedeln können, wo der Wasserstrahl nicht hin dringt. Man wird bald lernen, auch diese Schlupfwinkel noch zu erreichen oder zu überwachen. Seit ich meine Kulturen - auch andere Arten von Kulturpflanzen - auf diese Weise
spritze, sind Läuse ausgeschlossen, und erübrigen sich die Geldausgaben für die so zahlreich angebotenen Schädlingsbekämpfungsmittel und die für ihre Anwendung erforderliche Zeit.
 
Abfallen der Knospen
 
Eine immer schmerzliche Erscheinung ist es, wenn im Frühjahr von den reichlich angesetzten oder auch nur wenigen Knospen eines Tages ein Teil gelb wird und vorzeitig abfällt. Immer heißt es, es liege daran, dass die Pflanzen auch nur die geringste Veränderung ihrer Stellung vor der Blüte nicht vertrügen. Ich glaube nicht daran. Auch \bei Phyllokakteen, die im Gewächshaus ausgepflanzt sind, bei denen also jede Veränderung des Standortes oder ihrer Stellung zum Licht unmöglich
ist, fallen unter Umständen Knospen ab. Die Natur erzeugt ja die Blüten nicht, um die Menschen zu erfreuen, sondern einzig und allein, um durch Samen die Art zu erhalten und zu verbreiten. Die Ausbildung der sehr großen Blüten der Phyllokakteen stellt nun aber an die Pflanzen ein ungeheure Kraftanforderungen, erst recht dann die Ausbildung von vielen Tausenden von Samen. Es erscheint mir daher als ein ganz natürlicher Vorgang, wenn eine gesunde und in günstigen Kulturbedingungen
stehende Pflanze, die wenn ich einmal so sagen darf - "nicht um die Erhaltung der Art besonders besorgt zu sein braucht", nur soviel Blüten zur vollen Entfaltung bringt, als sie, ohne sich selbst zugrunde zu richten, nachher auch Früchte austragen kann. Nur misshandelte Pflanzen pflegen bis zur Erschöpfung ihrer letzten Lebenskraft um
jeden Preis sich förmlich totzublühen und totzufruchten, sich also gleichsam im Interesse der Erhaltung einer möglichst gesicherten Nachkommenschaft
selbst zu opfern. Man soll sich vor einer Zu weit gehenden Übertragung menschlicher Gesichtspunkte auf die übrige Natur gewiss hüten, aber vielleicht liegt doch die gleiche Naturgewalt zugrunde, wenn auch bei den Menschen die Kinderzahl in den unter ungünstigeren Verhältnissen lebenden Volkskreisen immer so viel größer
ist, als bei anderen, oder wenn regelmäßig nach Kriegen die Geburtenzahl, soweit dies nicht künstlich verhindert wird, bedeutend zunimmt. Wer unvoreingenommen die Dinge betrachtet, wird sich jedenfalls schwerlich dem Eindruck entziehen können, dass in allem, was der Erhaltung der Art dient, in der ganzen Natur verwandte Gesetzmäßigkeiten in Erscheinung treten. Wie dem nun aber auch sei, es bleibt doch selbstverständlich, dass wir einer Pflanze, von der wir ein möglichst reiches Blühen haben wollen, auch alles fern halten, was sie an der Entwicklung recht zahlreicher Blumen hindern könnte. Das Herumdrehen einer pflanze und damit ihre immer wieder veränderte Stellung zum Licht zwingt die Pflanze zu einer ganz unnötigen Mehrleistung, da immer wieder der Saftumlauf neu geleitet werden muss, denn stets wird er am lebhaftesten von und zu den dem Licht zugewandten Zellen sein, weil in ihnen die hauptsächliche Assimilisation erfolgt. Aber den alleinigen Grund für das Abfallen von Knospen sollte man nicht im Umstellen suchen. Ich,muss das sagen, denn ich bin überzeugt, dass mancher unbegründete häusliche Streit vermieden werden kann, wenn Klarheit darüber geschaffen wird, dass die Hausfrau, die ja schließlich auch einmal die Fenster säubern muss, noch lange nicht schuld am Abfallen der Knospen hat, auch wenn die Pflanzen nicht wieder ganz gen au in der alten Stellung auf ihre Plätze zurückgestellt worden sind. Meist liegen die Gründe auch überhaupt ganz auf anderem Gebiet, und zwar am häufigsten darin, dass die Pflanzen während der Ruhezeit völlig trocken gehalten worden waren, Haben sie infolgedessen den größten Teil ihrer feineren Wurzeln eingebüßt, so müssen sie trotz reichlichstem Ansatz doch den allergrößten Teil der Knospen abwerfen, weil sie gar nicht fähig sind, .oft auch nur eine Blüte richtig zu ernähren. Ebenso muß vorübergehende Trockenheit während der Knospenentwicklung unweigerlich zum Abwerfen eines Teiles der Knospen führen.
 
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